Donnerstag, 26. Januar 2017

Der Bogen bei den Kelten

Eine unserer Geschichten am Parcours soll zur Zeit der Kelten spielen, 28 v. Chr. rund um den Kulm. Nun ist es ja mit den Kelten so eine Sache....Erstens gab es nicht DIE Kelten, im Reisepass unter Nation eingetragen, sondern verschieden Volker oder Stämme, die unter diesen Oberbegriff zusammengefasst werden. Die Grenzen zu anderen Kulturen sind wie immer fließend oder willkürlich festgelegt. Zweitens gibt es kaum Aufzeichnungen aus der Keltenzeit, die Kelten selbst hatten keine Schrifttradition, also bleiben als einzige erhaltene schriftliche Aufzeichnungen die Berichte der Römer. De Bello Gallico vom alten Julius lässt grüßen. Wieviel diese Berichte des ”Feindes“ wert sind, lässt sich aus heutiger Sicht nicht beurteilen. Propaganda ist ein Wort lateinischen Ursprungs...

Mit aussagekräftigen Funden sieht es auch nicht viel besser aus. Bögen, die man als Grabbeigabe gefunden hat, sind technisch oft schlecht gebaut und lassen einen zeremoniellen Hintergrund vermuten (immer noch besser als der andere Grund: ein unfähiger Bogenbauer). Viele Funde sind unfertig, zerbrochen oder stark verbogen. Nicht zu vergessen ist auch das Rohmaterial der Bögen. Durch unterschiedliche klimatische Verhältnisse (viel wärmer damals) kann das Holz andere Eigenschaften besessen haben, jeder Bogenbauer kann von der unterschiedlichen Qualität ein und derselben Holzart ein Lied singen. Deshalb sind auch Angaben über Zuggewicht und Leistungsfähigkeit von Nachbauten in Originalmaßen mit Vorsicht zu genießen.

Auch taucht im Zusammenhang von Pfeil und Bogen mit den Kelten mal wieder die alte Geschichte mit der Unmännlichkeit der Fernwaffe auf. Wahre Männer bekriegen sich mit dem Schwert, von Angesicht zu Angesicht, höchstens noch mit dem Speer. Aus der Distanz zu töten ist angeblich pfui (aber schlau).

Aus dem Mittelalter ist diese Tatsache belegt, hatte aber auch einen handfesten ökonomischen Hintergrund: Da hat sich so ein Ritter unter erheblicher finanzieller Belastung eine komplette Kriegsausrüstung inklusive Schlachtross erworben und dann kommt da so ein dreckiger Bauernbengel mit einem selbst geschnitzten Langbogen und schießt ihn vom Pferd oder noch viel pfuier: gleich aufs Pferd und der Ritter bricht sich beim Sturz den Hals. Das nennt man dann asymmetrische Kriegsführung (oder schlau). Oder am pfuisten: da könnte ja sogar eine Frau daherkommen, allein der Gedanke lässt jeden echten Krieger erschauern – O Horror, der Spott an der Tafel der Ahnen wird die ersten tausend Jahre nicht auszuhalten sein.

Umgelegt auf die Kelten: da trainiert ein stolzer Krieger sein ganzes kurzes Leben für den Ernstfall und dann kommt da so ein dreckiger Bauernbengel und tötet ihn aus 50 Metern mit einem selbst geschnitzten Pfeil – Frechheit! Da der Bogen bei der Jagd bis zur Erfindung des Schießpulvers in jeder Kultur eine große Rolle gespielt hat, hatten sicher auch die Kelten ihre unbekannten Meisterschützen – viele Wildarten lassen sich anders kaum erlegen.

Als Statussymbol taugt ein Bogen auch nicht so wirklich. Wenn man weiß, wie ein Holzbogen gebaut wird, kann man mit minimalem Werkzeugeinsatz einen wunderbaren, leistungsfähigen Bogen bauen. Ein Schwert dagegen, das kann sich nicht jeder Prolet leisten. Da kann man wirklich stolz drauf sein, das zeugt von Macht, Wohlstand und sagenhafter Potenz. Naja, Letzteres hab ich jetzt frei erfunden, so haben wir Männer natürlich niemals gedacht.

Detailfoto Robinienbogen
Welchen Bogen kannst du denn nun auf unserem zukünftigen Parcours mitnehmen, wenn du stilgerecht als keltischer Bogenschütze Abalos durch unseren Wald streifen willst?

Natürlich passt ein Langbogen aus einem einheimischen Holz. Vor, während und nach der Zeit der Kelten gibt es viele Funde solcher Bögen in Europa. Wie du so einen Bogen selbst bauen kannst, erfährst du in einem meiner Bogenkurse. Auf unserem Kurzvideo mit mir als Abalos schieße ich übrigens einen Flachbogen aus Robinie.


Zur Begriffserläuterung: Zu unterscheiden ist dabei der ”normale“ Langbogen, der auch ein Flachbogen sein kann vom sog. englischen Langbogen. Dieser hat eine spezielle Form und ist nicht so bequem wie andere Holzbögen zu schießen, dazu aber in einem späteren Blog mehr.

Manau Bogen
Von den Römern kennen wir auch die Verwendung von Kompositbögen. Eine Kombination verschiedener Materialen ergibt dabei einen extrem kurzen und leistungsfähigen Bogen. Da die Kelten hervorragende Handwerker waren und mit ihren Waren weithin Handel trieben, hat wohl auch der eine oder andere dieser auch Reiterbogen genannten Bögen seinen Weg in die Hand eines keltischen Bogenschützen gefunden. In meinen Ein-Tages-Kursen bauen wir genau so einen Bogen: kurz und knackig. Dass wir dabei ein bisschen schummeln, was Material und Bauweise betrifft, sei uns verziehen, denn im Original beträgt die Bauzeit viele Monate.


Solltest du mit einem modernen Recurvebogen und Carbonpfeilen die Geschichte Abalos nacherleben wollen, so ist das deine Wahl und dir überlassen. Wenn du aber mit einem Compoundbogen kommst, um 28 v. Chr. um den Kulm zu jagen, dann........weiß ich auch nicht, was ich sagen soll – Zeitreisender.   - Gerhard






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