Mittwoch, 18. Januar 2017

Leseprobe zum Keltenroman

Leseprobe aus meinem Roman ”Culm 27 v. Chr. - Schicksalsjahr der Kelten“ In dieser Epoche spielt auch die erste Geschichte, die Bogenschützen über den Drei-Pfeile Parcours führt.

Da dies mehr als eine gewöhnliche Ehe, sondern die Hochzeit des zukünftigen Machthabers war, galten besondere Regeln. Ehe Aonghas die beiden vermählte, hatte Centigern sich zu beweisen. Zu diesem Zweck musste er, unterstützt von seinen zwei besten Kriegern, eine Wildsau aufspüren und fangen, die dann als Opfertier für diese Ehe den Göttern geschenkt würde. Den ganzen Morgen schon waren zwei seiner Männer im Wald unterwegs gewesen, um Spuren zu suchen. Nach einer Segnung durch Aonghas machten sich die drei Männer auf, bewaffnet mit Schwert, Speer und Bögen.
Von Aislin wurde verlangt, um ihre Würde für diese Ehe zu beweisen, dass sie, solange Centigern auf der Jagd war, auf einem Holzscheit kniend, die Arme erhoben, ein Hohelied auf ihren Mann sang. Damit zeigte sie ihre Demut, aber auch die nötige körperliche Ausdauer, die sie in der Ehe brauchen würde.
Die Menschen ringsum begleiteten dies mit Musik und Gesang. Uilleam und ein anderer Wächter hatten auf den Dächern der Pferdeställe Position bezogen, um Centigerns Rückkehr melden zu können. Leod und Gair bereiteten alles für die Opferung vor, während andere Männer das Feuer richteten, über dem die Wildsau gebraten werden würde, nachdem man sie rituell geopfert hatte.
Die Sonne stieg immer höher. Auf der großen Wiese standen nur zwei Bäume – eine Linde und eine Eiche - und unter beiden drängten sich die Menschen im Schatten. Für Riona und Goraid hatte man ein Dach aufgebaut, unter dem sie auf ihren Fürstenstühlen saßen. Später würden hier Centigern und Aislin Platz nehmen. Gair schwitzte. Er blickte zu Aislin, die noch immer mit kraftvoller Stimme ihren Mann pries. Auch ihr rann der Schweiß von der Stirn, doch ihre Arme zeigten noch keine Spur von Zittern. Dann ging sein Blick über die Palisade hinweg, in die Richtung, in der Centigern mit seinen Männern verschwunden war. Er schloss die Augen und vor seinem Inneren entstand ein Bild.
Centigern, der sich an eine Lichtung anschleicht. Im Sonnenschein eine schlammige Mulde, wo im Frühjahr ein kleiner Teich gewesen war. In der Mulde ein Wildschwein, keine Sau, ein Eber. Noch jung und nicht völlig ausgewachsen. Centigern und seine Männer ducken sich, beraten. Nur Centigern trägt Speer und Schwert, die anderen beiden sind mit Bögen bewaffnet, um im Notfall ihrem Herren beistehen zu können. Sie schleichen sich links und rechts an den Eber heran, gut verdeckt vom Gebüsch. Beide Schützen zielen, lösen den Schuss. Beide treffen. Der Eber springt auf, stürzt wie erwartet in Centigerns Richtung, der bereits mit erhobenen Waffen auf das Tier wartet. Zehn Schritte vor dem Fürstensohn bricht der Eber tot zusammen, ehe Centigern seinen Speer schleudern kann. Ein verwirrter und wütender Blick Centigerns trifft den einen Bogenschützen. Dann rammt er dem Eber Schwert und Speer in die Flanke.
Gair öffnete die Augen, blickte auf Aislin. Laut rief er: ”Der Eber ist getötet!“
Die Menschen um ihn herum sahen ihn verwundert an. Doch Aonghas trat auf ihn zu, sah ihm ins Gesicht, und wiederholte dann laut: ”Der Eber ist getötet! Centigern war ruhmreich!“
Jubel brach aus. Gair sah seinen Lehrherren an.
Dieser schüttelte leicht den Kopf, sagte leise: ”Du bist nicht zufrieden, und ich kann erraten, warum. Doch lass uns nicht so kleinlich sein. Er wäre nicht der Erste, der den Eber nicht selbst getötet hat.“
Erwartungsvoll strömten die Menschen in Richtung Tor, um den Fürstensohn mit seiner Beute willkommen zu heißen. Aonghas und seine Helfer bereiteten alles für die Opferung vor.  - Marion

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