Donnerstag, 12. Januar 2017

Der Beginn...

Nun ist ja ein Geschichtenparcours schon eine ungewöhnliche Sache und so mancher fragt sich wohl, wer die Leute sind, die dahinter stehen.
Gerhard ist Bogenbauer, Marion Geschichtenerzählerin. Beide gemeinsam besitzen eine 7 ha große Landwirtschaft in der Oststeiermark, am Fuße des Kulms (dem mit dem Keltendorf, nicht dem mit der Skischanze). Über uns selbst wollen wir euch später einmal mehr erzählen, heute möchte ich darüber berichten, wie wir überhaupt hier zu diesem wunderbaren Fleckchen Erde gekommen sind.
Ursprünglich sind wir beide aus Wien, haben uns dort auch kennengelernt und bis 2006 dort gelebt. Ostern
Sydney
2006 brachen wir mit unseren beiden Söhnen (damals 8 und 5) zu einer Reise rund um die Welt auf – im Wohnmobil durch Europa, Kanada (von Ost nach West), die USA (von Nord nach Süd), Neuseeland und ein wenig Australien. Nach einenhalb Jahren im Wohnmobil, mitten in Wäldern und Dörfern lebend, war es uns unvorstellbar, nach Wien in die Stadt zurückzukehren. Die Entscheidung, in der Steiermark nach einer neuen Bleibe zu suchen, war einfach – schließlich ist die Steiermark das Bundesland Österreichs mit dem besten Klima und in seiner Hügeligkeit und Grüne Kanada nicht unähnlich. So fuhren wir in Ilz von der Autobahn ab und machten uns auf die Suche. Wir wussten ziemlich genau, was wir wollten: ein kleines Haus, höchstens hundert Quadratmeter, dazu ein wenig Land, etwa ein Hektar, um ein paar Hühner und Hasen zu halten und nicht wie in Wien mit Nachbarn, die einem vom Balkon auf den Gartentisch spucken konnten. Etwa fünfzig Höfe haben wir innerhalb von sechs Wochen besichtigt. Eine großartige Erfahrung! Scheidungshäuser, Ruinen, schrullige Altbauern … am meisten in Erinnerung blieb mir ein Hof in der Südsteiermark, der Altbauer ein runzeliges kleines Männchen, sein Sohn Arnold Schwarzenegger in Sonnenstudiobräune, knappen Lycrashorts und mit gegeltem Haar. Oder der Hof zweier (verstorbener) Waldarbeiter, hoch oben auf einem Berg, ohne Strom, das uralte Holzhaus bis oben hin voll mit Zeitungspapier und Bierflaschen, dass es kaum vorstellbar schien, wie die beiden den Winter über ihren Holzofen geheizt hatten, ohne dass das ganze Haus abbrannte.
Aber nichts, was unser Herz wirklich höher schlagen ließ.
Unser neues Heim - nach der Renovierung
Wir überlegten bereits, noch einmal nach Kanada zu fliegen und uns dort nach Haus und Job umzusehen. Da sahen wir eine unscheinbare Anzeige in einer Zeitung. Ein zweihundert Jahre alter Hof in der Nähe von Weiz. Eigentlich war es überhaupt nicht das, was wir suchten – großes Haus, 7 Hektar Grund, fast schon zu nahe an den Bergen. Aber wir fuhren hin. Gemalte Heiligenbilder an der Hausfront – darunter ein Heiliger Nikolaus, der wie der Papst auf Drogen aussah, ein neu gedecktes Dach, dafür innen keine Böden, kein Putz, kein Wasser, kaputte Fenster und als Anbauten ein einsturzgefährdeter Heuboden und ein eingestürzter Stall. Trotzdem gefiel es uns. Irgendetwas war an dem Haus, das Ruhe und Friedlichkeit ausstrahlte (wir hatten schon Häuser erlebt, da schienen die Geister und die Atmosphäre von Streit und Wut schon an der Haustür zu warten). Wir fuhren noch einmal hin, besichtigten auch das Grundstück, den nahen Ort mit seinen zwei Schulen und Geschäften und Gasthäusern. So wirklich sicher waren wir aber nicht. Viel zu groß. Unmengen Arbeit. Keine Sonnenuntergänge (auf der Westseite des Hauses steht ein großer Wald). Wir sahen uns noch ein anderes schönes Haus bei Gamlitz an, dort hätten wir sofort einziehen können. Dennoch, ein drittes Mal nach Puch. Diesmal beschließe ich, um ein Zeichen zu bitten. Nennt es esoterisch, verrückt oder sinnvoll. Und zwar wollte ich ein Tier sehen. Irgendeines, das sich mir auffällig zeigte. Das hieße dann, dass wir den Hof nehmen sollen. Wir besichtigen erneut das Haus. Rund ums Haus. Keine Tiere, ja nicht einmal ein Vogel schien an jenem Tag durch die Luft zu fliegen. Der Makler meint, als er merkt, dass ich Richtung Auto strebe, wir hätten noch gar nicht das Kellerstöckl weiter unten am Grund besichtigt. Nun gut, gehen wir dorthin also auch noch. Noch immer nichts (und nach neun Jahren hier auf diesem Platz weiß ich, wie ungewöhnlich das ist, denn es wimmelt hier von Rehen, Fasanen, Bussarden, kleinen Vögeln, Igeln, Katzen). Wir werfen einen Blick in das alte Gemäuer, auch hier nichts. Die Sache ist für mich klar: keine Tiere, kein Zeichen – wir sollen diesen Hof nicht kaufen. Wir wenden uns vom Kellerstöckl wieder um, da plötzlich, keine zwei Meter vor mir, springen zwei Rehe aus dem hohen Gras. Bleiben stehen, blicken mich an. Laufen gemächlich davon.
Blick auf unser Grundstück
Und so haben wir den Hof gekauft. Haben ein halbes Jahr wie verrückt renoviert und gebaut, zogen ein und freuen uns jeden Tag daran, wie schön unser Grundstück ist. Wild und verwachsen, natürlich und tierreich. Eine kleine Oase inmitten der Pucher Obstplantagen, umgeben von Wäldern und mit Blick auf den Kulm.
Nun wollen wir unser Kleinod mit unserem Geschichtenparcours auch anderen zugänglich machen. Und wer weiß, vielleicht trefft ihr ja ein Reh (von Angesicht zu Angesicht, nicht mit Pfeil und Bogen!) und vielleicht hat es ja auch euch etwas zu sagen …
Marion


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