Leseprobe aus meinem
Roman ”Culm 27 v. Chr. - Schicksalsjahr der Kelten“ In dieser
Epoche spielt auch die erste Geschichte, die Bogenschützen über den
Drei-Pfeile Parcours führt.
Da dies mehr als
eine gewöhnliche Ehe, sondern die Hochzeit des zukünftigen
Machthabers war, galten besondere Regeln. Ehe Aonghas die beiden
vermählte, hatte Centigern sich zu beweisen. Zu diesem Zweck musste
er, unterstützt von seinen zwei besten Kriegern, eine Wildsau
aufspüren und fangen, die dann als Opfertier für diese Ehe den
Göttern geschenkt würde. Den ganzen Morgen schon waren zwei seiner
Männer im Wald unterwegs gewesen, um Spuren zu suchen. Nach einer
Segnung durch Aonghas machten sich die drei Männer auf, bewaffnet
mit Schwert, Speer und Bögen.
Von Aislin wurde
verlangt, um ihre Würde für diese Ehe zu beweisen, dass sie,
solange Centigern auf der Jagd war, auf einem Holzscheit kniend, die
Arme erhoben, ein Hohelied auf ihren Mann sang. Damit zeigte sie ihre
Demut, aber auch die nötige körperliche Ausdauer, die sie in der
Ehe brauchen würde.
Die Menschen ringsum
begleiteten dies mit Musik und Gesang. Uilleam und ein anderer
Wächter hatten auf den Dächern der Pferdeställe Position bezogen,
um Centigerns Rückkehr melden zu können. Leod und Gair bereiteten
alles für die Opferung vor, während andere Männer das Feuer
richteten, über dem die Wildsau gebraten werden würde, nachdem man
sie rituell geopfert hatte.
Die Sonne stieg
immer höher. Auf der großen Wiese standen nur zwei Bäume – eine
Linde und eine Eiche - und unter beiden drängten sich die Menschen
im Schatten. Für Riona und Goraid hatte man ein Dach aufgebaut,
unter dem sie auf ihren Fürstenstühlen saßen. Später würden hier
Centigern und Aislin Platz nehmen. Gair schwitzte. Er blickte zu
Aislin, die noch immer mit kraftvoller Stimme ihren Mann pries. Auch
ihr rann der Schweiß von der Stirn, doch ihre Arme zeigten noch
keine Spur von Zittern. Dann ging sein Blick über die Palisade
hinweg, in die Richtung, in der Centigern mit seinen Männern
verschwunden war. Er schloss die Augen und vor seinem Inneren
entstand ein Bild.
Centigern, der sich
an eine Lichtung anschleicht. Im Sonnenschein eine schlammige Mulde,
wo im Frühjahr ein kleiner Teich gewesen war. In der Mulde ein
Wildschwein, keine Sau, ein Eber. Noch jung und nicht völlig
ausgewachsen. Centigern und seine Männer ducken sich, beraten. Nur
Centigern trägt Speer und Schwert, die anderen beiden sind mit Bögen
bewaffnet, um im Notfall ihrem Herren beistehen zu können. Sie
schleichen sich links und rechts an den Eber heran, gut verdeckt vom
Gebüsch. Beide Schützen zielen, lösen den Schuss. Beide treffen.
Der Eber springt auf, stürzt wie erwartet in Centigerns Richtung,
der bereits mit erhobenen Waffen auf das Tier wartet. Zehn Schritte
vor dem Fürstensohn bricht der Eber tot zusammen, ehe Centigern
seinen Speer schleudern kann. Ein verwirrter und wütender Blick
Centigerns trifft den einen Bogenschützen. Dann rammt er dem Eber
Schwert und Speer in die Flanke.
Gair öffnete die
Augen, blickte auf Aislin. Laut rief er: ”Der Eber ist getötet!“
Die Menschen um ihn
herum sahen ihn verwundert an. Doch Aonghas trat auf ihn zu, sah ihm
ins Gesicht, und wiederholte dann laut: ”Der Eber ist getötet!
Centigern war ruhmreich!“
Jubel brach aus.
Gair sah seinen Lehrherren an.
Dieser schüttelte
leicht den Kopf, sagte leise: ”Du bist nicht zufrieden, und ich
kann erraten, warum. Doch lass uns nicht so kleinlich sein. Er wäre
nicht der Erste, der den Eber nicht selbst getötet hat.“
Erwartungsvoll
strömten die Menschen in Richtung Tor, um den Fürstensohn mit
seiner Beute willkommen zu heißen. Aonghas und seine Helfer
bereiteten alles für die Opferung vor. - Marion
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