Eine unserer Geschichten am Parcours
soll zur Zeit der Kelten spielen, 28 v. Chr. rund um den Kulm. Nun
ist es ja mit den Kelten so eine Sache....Erstens gab es nicht DIE
Kelten, im Reisepass unter Nation eingetragen, sondern verschieden
Volker oder Stämme, die unter diesen Oberbegriff zusammengefasst
werden. Die Grenzen zu anderen Kulturen sind wie immer fließend oder
willkürlich festgelegt. Zweitens gibt es kaum Aufzeichnungen aus der
Keltenzeit, die Kelten selbst hatten keine Schrifttradition, also
bleiben als einzige erhaltene schriftliche Aufzeichnungen die
Berichte der Römer. De Bello Gallico vom alten Julius lässt grüßen.
Wieviel diese Berichte des ”Feindes“ wert sind, lässt sich aus
heutiger Sicht nicht beurteilen. Propaganda ist ein Wort lateinischen
Ursprungs...
Mit aussagekräftigen Funden sieht es
auch nicht viel besser aus. Bögen, die man als Grabbeigabe gefunden
hat, sind technisch oft schlecht gebaut und lassen einen
zeremoniellen Hintergrund vermuten (immer noch besser als der andere
Grund: ein unfähiger Bogenbauer). Viele Funde sind unfertig,
zerbrochen oder stark verbogen. Nicht zu vergessen ist auch das
Rohmaterial der Bögen. Durch unterschiedliche klimatische
Verhältnisse (viel wärmer damals) kann das Holz andere
Eigenschaften besessen haben, jeder Bogenbauer kann von der
unterschiedlichen Qualität ein und derselben Holzart ein Lied
singen. Deshalb sind auch Angaben über Zuggewicht und
Leistungsfähigkeit von Nachbauten in Originalmaßen mit Vorsicht zu
genießen.
Auch taucht im Zusammenhang von Pfeil
und Bogen mit den Kelten mal wieder die alte Geschichte mit der
Unmännlichkeit der Fernwaffe auf. Wahre Männer bekriegen sich mit
dem Schwert, von Angesicht zu Angesicht, höchstens noch mit dem
Speer. Aus der Distanz zu töten ist angeblich pfui (aber schlau).
Aus dem Mittelalter ist diese Tatsache
belegt, hatte aber auch einen handfesten ökonomischen Hintergrund:
Da hat sich so ein Ritter unter erheblicher finanzieller Belastung
eine komplette Kriegsausrüstung inklusive Schlachtross erworben und
dann kommt da so ein dreckiger Bauernbengel mit einem selbst
geschnitzten Langbogen und schießt ihn vom Pferd oder noch viel
pfuier: gleich aufs Pferd und der Ritter bricht sich beim Sturz den
Hals. Das nennt man dann asymmetrische Kriegsführung (oder schlau).
Oder am pfuisten: da könnte ja sogar eine Frau daherkommen, allein
der Gedanke lässt jeden echten Krieger erschauern – O Horror, der
Spott an der Tafel der Ahnen wird die ersten tausend Jahre nicht
auszuhalten sein.
Umgelegt auf die Kelten: da trainiert
ein stolzer Krieger sein ganzes kurzes Leben für den Ernstfall und
dann kommt da so ein dreckiger Bauernbengel und tötet ihn aus 50
Metern mit einem selbst geschnitzten Pfeil – Frechheit! Da der
Bogen bei der Jagd bis zur Erfindung des Schießpulvers in jeder
Kultur eine große Rolle gespielt hat, hatten sicher auch die Kelten
ihre unbekannten Meisterschützen – viele Wildarten lassen sich
anders kaum erlegen.
Als Statussymbol taugt ein Bogen auch
nicht so wirklich. Wenn man weiß, wie ein Holzbogen gebaut wird,
kann man mit minimalem Werkzeugeinsatz einen wunderbaren,
leistungsfähigen Bogen bauen. Ein Schwert dagegen, das kann sich
nicht jeder Prolet leisten. Da kann man wirklich stolz drauf sein,
das zeugt von Macht, Wohlstand und sagenhafter Potenz. Naja,
Letzteres hab ich jetzt frei erfunden, so haben wir Männer natürlich
niemals gedacht.
Detailfoto Robinienbogen |
Welchen Bogen kannst du denn nun auf
unserem zukünftigen Parcours mitnehmen, wenn du stilgerecht als
keltischer Bogenschütze Abalos durch unseren Wald streifen willst?
Natürlich passt ein Langbogen aus
einem einheimischen Holz. Vor, während und nach der Zeit der Kelten
gibt es viele Funde solcher Bögen in Europa. Wie du so einen Bogen
selbst bauen kannst, erfährst du in einem meiner Bogenkurse. Auf
unserem Kurzvideo mit mir als Abalos schieße ich übrigens einen
Flachbogen aus Robinie.
Zur Begriffserläuterung: Zu
unterscheiden ist dabei der ”normale“ Langbogen, der auch ein
Flachbogen sein kann vom sog. englischen Langbogen. Dieser hat eine
spezielle Form und ist nicht so bequem wie andere Holzbögen zu
schießen, dazu aber in einem späteren Blog mehr.
Manau Bogen |
Von den Römern kennen wir auch die
Verwendung von Kompositbögen. Eine Kombination verschiedener
Materialen ergibt dabei einen extrem kurzen und leistungsfähigen
Bogen. Da die Kelten hervorragende Handwerker waren und mit ihren
Waren weithin Handel trieben, hat wohl auch der eine oder andere
dieser auch Reiterbogen genannten Bögen seinen Weg in die Hand eines
keltischen Bogenschützen gefunden. In meinen Ein-Tages-Kursen bauen
wir genau so einen Bogen: kurz und knackig. Dass wir dabei ein
bisschen schummeln, was Material und Bauweise betrifft, sei uns
verziehen, denn im Original beträgt die Bauzeit viele Monate.
Solltest du mit einem modernen
Recurvebogen und Carbonpfeilen die Geschichte Abalos nacherleben
wollen, so ist das deine Wahl und dir überlassen. Wenn du aber mit
einem Compoundbogen kommst, um 28 v. Chr. um den Kulm zu jagen,
dann........weiß ich auch nicht, was ich sagen soll –
Zeitreisender. - Gerhard